« Zurück

26.11.2018 Christiane Stenzel

Das Biorock-Projekt vor Curacao

Korallen unter Strom

Die Idee

1999 traf „Lenny“ auf Curacao - ein schlimmer Sturm, der riesige Wellen über das Dorf Boca Sami hinwegspülte, in dem sich auch die Basis der Curacao Divers befand. Dort, wo früher die Korallen bis an den Strand gewachsen waren, war nach "Lenny" nicht mehr viel davon übrig.

„Das zu sehen, war schon hart!“ sagt Basisleiter Harald Weinrich heute noch kopfschüttelnd. Mit dem teilweise sehr stark beschädigten Korallenriff wollten sich die Taucher der Basis nicht einfach so abfinden. Es musste etwas getan werden.

Von den sogenannten Biorock-Projekten hatten die Taucher schon gehört, etwa auf Gili lsands, wo die Biorock-Technologie erfolgreich angewendet worden war um die abgestorbenen Teile des Riffs zu regenerieren - und so nahm der Gedanke Gestalt an, selbst ein Biorock in der Bucht vor Boca Sami anzulegen. „Wir haben das nie aus kommerziellen Gründen gemacht, wir wollten sehen, ob und wie sich das Riff entwickelt", so Weinrich.

Gesagt, getan.

 

Biorock - was ist das?

Das Team der Curacao Divers nahm für die Realisierung des Projektes Kontakt mit Dr. Thomas J. Goreau von der Global Coral Reef Alliance auf. Damit waren sie gleich beim richtigen Experten gelandet. Denn Goreau gilt als Begründer der Bio-Rock-Technologie. Er ist heute Präsident der Global Coral Reef Alliance und forscht an der  Wiederherstellung kranker oder abgestorbener Korallenriffe. Gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen, dem verstorbenen Architekten und Meeresforscher Wolf Hilbertz, gilt er als Experte und Mitbegründer der Biorock-Technologie.

 

Bei der Biorock-Technologie werden Stahlkonstruktionen au dem Meeresgrund verankert und mit schwachem Gleichstrom durchzogen. Dadurch kommt es zum Prozess der Elektrolyse: Das Meerwasser wird  in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. An der Stahlkonstruktion bildet sich Kruste aus Aragonit (Kalziumkarbonat) und Brucit (Magnesiumhydroxid). Auf dem Kalkstein werden abgebrochene aber noch lebende Korallen angesiedelt. Die leichte Spannung, des Gleichstroms unterstützt den Stoffwechsel der Korallen und nimmt ihnen ein wenig die Arbeit ab: Dadurch wachsen sie 2 -10 x schneller als andere Korallen! Und noch ein Gutes: Es hat sich gezeigt, dass diese Korallen recht robust gegenüber schädlichen Umwelteinflüssen sind.

Außerdem können die so angelegten Korallenriffe als Wellenbrecher dienen, da sie im Laufe der Jahre immer stärker in ihrer Struktur werden.

Interessant auch: Die ursprüngliche Idee, aus der das Biorock-Projekt entstand, war kommerzieller Natur:  Wolf Hilbertz suchte in den 70er Jahren nach alternativen Baustoffen. Dass bei dem Biorock-Projekt dann auch Korallen wuchsen, entdeckte er eher zufällig.

Das Treffen

Nachdem die Curacao Divers Goreau kontaktiert hatten, ging alles recht schnell: Der Wissenschaftler war nämlich zufällig gerade in der Gegend, reiste kurzerhand für eine Woche nach Curacao – und stellte gemeinsam mit den Curacao Divers das Projekt fertig.

„Wir haben so viel gelernt von ihm“, erzählt Weinrich beeindruckt. "Er hat mit uns das Gerüst unter Wasser aufgebaut, und uns erklärt, wie wir den Strom anschließen können. In einer Woche haben wir das Projekt mit ihm auf die Beine gestellt." Auch heute noch stehen sie in Verbindung zu dem Fachmann „Wenn wir Fragen, Probleme oder aber auch Ideen haben, dann kontaktieren wir ihn.“

Heute

Das Biorock vor Curacao erstreckt sich auf einer Fläche von ca. 100 Quadratmetern. So eine große Fläche zu bestücken, war anfangs schon eine Herausforderung, denn das Team sammelte natürlich nur die sogenannten „Fragments of Oportunity“ – also jene Korallenstücke, die bereits abgebrochen sind. Doch bei einem normalen Tauchgang sind davon – zum Glück muss man sagen – gar nicht so viele zu finden vor Curacao. Aber im Laufe der letzten Jahre, haben sich etliche Korallen entwickelt, die jetzt selbst wachsen. Und letztes Jahr gab es dann sogar ein erstes „Coral Spawning“ - ein besonderes Naturschauspiel: das Laichen der Korallen, das nur einmal im Jahr stattfindet.

Die Finanzierung dieses tollen Projektes ist ernüchtern. Die Curacao Divers haben viel auf dem Wege der Eigenfinanzierung machen müssen. Aber Sponsoring durch die Tauchbranche? Spenden von tauchenden Gästen? Das alles stellte sich als nicht so einfach heraus, auch weil die Curacao Divers niemanden dazu "zwingen" wollten, ihr Projekt zu unterstützen.

Es bleibt zu hoffen, dass der Schutz der Meere auf noch mehr Verständnis in der Taucherszene trifft. Ein paar Euro oder Dollar sollte jedem Taucher, der bei den Curacao Divers das Hausriff besucht, der Tauchgang Wert sein. Das finden wir von der Taucherglocke jedenfalls.

 

Schlagworte
« Tauchen in der Karibik: Curacao Interview mit Tom Goreau »

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 4 plus 9.